«Eine Vision zu haben, fördert die Resilienz»

Wie kann Resilienz in einem Unternehmen wie dem Alenia gestärkt werden? Und welche Rolle spielt sie für die Mitarbeitenden in Gesundheits­institutionen, die oft mit hoher Arbeitsbelastung, Zeitdruck und viel Verantwortung konfrontiert sind? Katja Aufdenblatten, Leiterin HR und stv. Direk­torin im Alenia, gibt Auskunft.

Was unternimmt das Alenia, damit die über 250 Mitarbeitenden täglich ihr Bestes geben können?

Katja Aufdenblatten: Wichtig scheint mir, eine gute Basis zu schaffen, damit sich die Mitarbeitenden mit dem Alenia identifizieren können, zufrieden und motiviert sind. Hierfür arbeiten wir mit verschiedenen Massnahmen (s. Kasten). 

Was verstehen Sie persönlich unter Resilienz?

Resilienz gilt als Fähigkeit eines Menschen, sich nach belastenden Situationen zu erholen und mit Stress, Druck und schwierigen Lebensumständen umzugehen, ohne dass die psychische oder körperliche Gesundheit Schaden nimmt. Gerade bei unseren Mitarbeitenden in der stationären und ambulanten Pflege ist Resilienz enorm wichtig.

Wo liegen in der Pflege die grössten Herausforderungen, für die Resilienz erforderlich ist?  

Grosse physische Belastungen gehen sicherlich mit der immer grösseren Pflegebedürftigkeit der Menschen einher, die wir im Alenia oder zu Hause begleiten und pflegen. Die Schichtarbeit und der Zeitdruck in Gesundheitsberufen sind ebenfalls anspruchsvoll. Doch auch psychisch sind unsere Mitarbeitenden stark gefordert: Der Umgang mit Bewohnern oder Kundinnen kann belastend sein, besonders bei aggressivem oder herausforderndem Verhalten. Damit steigt das Risiko, dass Mitarbeitende das Gefühl haben, die Arbeit nicht so erledigen zu können, wie sie das gelernt haben oder wie es ihren qualitativen oder ethischen Anforderungen entspricht.  
 

Dieses Gefühl, an die eigenen Grenzen zu gelangen, kennen vermutlich selbst Mitarbeitende mit langjähriger Erfahrung …

In der Tat. Umso wichtiger ist es, auch im Alltag den Blick immer wieder auf die Resilienz zu lenken. Dazu gehört, Mitarbeitenden jederzeit ein offenes Ohr zu bieten und sie in schwierigen Situationen gezielt zu unterstützen. Wie das im konkreten Fall aussieht, ist höchst unterschiedlich: Manchmal ist die Team- oder die Bereichsleitung, die Qualitätsverantwortliche oder eine andere Fachperson die richtige Anlaufstelle. Bei Belastungen im Alltag erweisen sich auch die Kommunikation und der Austausch im Team als absolut zentral – zum Beispiel im Rahmen einer Teamsitzung oder auch bei regelmässigen Fallbesprechungen. 

In welchen Bereichen im Alenia ist Resilienz auch ein Thema?

Wir bemühen uns darum, Resilienz auf der individuellen Ebene wie auch auf der Führungs- und Organisationsebene zu stärken. Zur ersten Kategorie gehören zum Beispiel Weiterbildungen zu diesem Thema, die viele Mitarbeitende in leitender Funktion besuchen. Dort lernen sie insbesondere, wie sie eine gesunde Führungskultur schaffen. Oder um ein anderes Beispiel zu nennen: Nach Absenzen bei der Arbeit führen wir regelmässig Rückkehrgespräche durch und ziehen bei längeren Abwesenheiten Profis aus dem Case Management hinzu.

«Wichtig ist die persönliche Lebens­einstellung: Ist jemand lösungsorientiert und bereit, Verantwortung zu übernehmen?»

Katja Aufdenblatten

Was bedeutet Resilienz auf der Ebene Organisation?

Hier geht es darum, sich stetig an veränderte Situationen anzupassen. Dies kann durch neue Prozesse, neue Arbeitsmittel oder neue Arbeitsweisen geschehen. Es bedeutet auch, eine Kultur der Lösungsorientierung zu etablieren und zu leben.

Inwiefern prägt das jeweilige Milieu der Mitarbeitenden deren Resilienz?

Das private Umfeld einer Person ist entscheidend: Hat sie ein gutes, unterstützendes Netzwerk und Möglichkeiten für Gespräche? Ebenso wichtig ist die persönliche Lebenseinstellung: Ist jemand lösungsorientiert und denkt positiv, bzw. ist jemand bereit, Verantwortung zu übernehmen und aktiv nach Lösungen zu suchen? Erwiesen ist auch: Eine Vision und Ziele für die eigene Zukunft zu haben, fördert die Resilienz.  
Der Fachkräftemangel, vor allem in der Pflege, sorgt tagtäglich für Schlagzeilen. Wie stark ist er im Alenia bzw. in der Spitex Muri-Gümligen spürbar?  Der Fachkräftemangel ist seit Jahren allgegenwärtig. Wir spüren dies auch. Doch wir sind in der glücklichen Situation, dass wir einen guten Ruf auf dem Arbeitsmarkt haben und unsere Mitarbeitenden uns weiterempfehlen. So konnten wir in den letzten Jahren immer wieder neue Mitarbeitende gewinnen. Zudem hat bei uns die Ausbildung einen sehr hohen Stellenwert. Wir bilden Fachpersonen Gesundheit, Pflegefachpersonen HF, Köche, Aktivierungsfachpersonen und Kaufmänner und -frauen aus. Pro Jahr können wir bis ein Drittel der Lernenden übernehmen, die bei uns abgeschlossen haben, oder sie kehren später wieder ins Alenia zurück.

Der Fachkräftemangel, vor allem in der Pflege, sorgt tagtäglich für Schlagzeilen. Wie stark ist er im Alenia bzw. in der Spitex Muri-Gümligen spürbar? 

Der Fachkräftemangel ist seit Jahren allgegenwärtig. Wir spüren dies auch. Doch wir sind in der glücklichen Situation, dass wir einen guten Ruf auf dem Arbeitsmarkt haben und unsere Mitarbeitenden uns weiterempfehlen. So konnten wir in den letzten Jahren immer wieder neue Mitarbeitende gewinnen. Zudem hat bei uns die Ausbildung einen sehr hohen Stellenwert. Wir bilden Fachpersonen Gesundheit, Pflegefachpersonen HF, Köche, Aktivierungsfachpersonen und Kaufmänner und -frauen aus. Pro Jahr können wir bis ein Drittel der Lernenden übernehmen, die bei uns abgeschlossen haben, oder sie kehren später wieder ins Alenia zurück.

Sie führen regelmässig Mitarbeiter­befragungen durch. Wo drückt der Schuh bei den Mitarbeitenden derzeit am stärksten?

Gemäss der letzten Befragung sind es die Bereiche Arbeit und Freizeit, Umgang mit Veränderungen und Gesundheit, die im Vergleich zu früheren Umfragen negativer bewertet werden. Diese Themen sind wichtig für ein hohes Commitment und die Zufriedenheit, weshalb wir in diesem Bereich rasch aktiv werden wollen.  

«Ich akzeptiere, was ich nicht ändern kann, und suche dort Lösungen und Ideen, wo sich etwas verändern lässt.»

Katja Aufdenblatten

Wo zeigte sich bei der letzten Befragung grosse Zufriedenheit?

Gute Noten erhielten die Entwicklungsmöglichkeiten, die Förderung, die Zusammenarbeit und die Unterstützung im Team und im Betrieb. Auch die Führungspersonen, die Geschäftsleitung und die hohe Kundenorientierung wurden sehr positiv bewertet. Zurzeit haben wir 76 Prozent echt zufriedene Mitarbeitende. Diese sind motiviert, bereit für Veränderungen und Stütze eines Betriebs wie des Alenia.  

Burn-outs treffen heute viele Menschen. Wie sind sie zu erkennen, und was ist zu tun, wenn Körper und Psyche Alarm melden?

Es gibt viele Anzeichen von drohendem Burn-out wie emotionaler Rückzug, Müdigkeit, Leistungsverschlechterung, häufige Absenzen oder leichte Reizbarkeit und Ungeduld. Im Alenia haben die meisten Führungspersonen den Ensa-Kurs für erste Hilfe bei psychischen Problemen absolviert. Dort lernen sie, die ersten Anzeichen zu erkennen und die Mitarbeitenden darauf anzusprechen bzw. zu unterstützen. 

Was tun Sie persönlich für Ihre Resilienz?

Ich mache viel Sport draussen in der Natur und fahre im Sommer immer mit dem Velo zur Arbeit. Dies hilft mir, stressbedingtes Adrenalin abzubauen, meine Gedanken zu sortieren und zur Ruhe zu kommen. Zudem versuche ich auch oft, die Dinge aus einer anderen Perspektive bzw. mit einem positiven Blick zu betrachten. Ich akzeptiere, was ich nicht ändern kann, und suche dort Lösungen und Ideen, wo sich etwas verändern lässt.  

Danke für das Interview, Frau Aufdenblatten

Tanja Aebli

O-Ton: Anja Fischer, Gruppenleiterin W1

Als Gruppenleiterin setze ich auf Vertrauen, denn das stärkt den Menschen.

Anja Fischer

«In der Pflege arbeiten wir ständig in einem Spannungsfeld zwischen den Bedürfnissen der Bewohnenden und ihrer Angehörigen, den vorhandenen Ressourcen und unserem eigenen Pflegeverständnis. Hinzu kommen körperliche und psychische Belastungen, die Schichtarbeit und die Konsequenzen von politischen Entscheidungen. Wer in der Pflege arbeitet, ist meist durch die Arbeit in diesen Spannungsfeldern in vielen Bereichen bereits sehr resilient. Unser Beruf ist anspruchsvoll, aber selbst nach 25-jähriger Tätigkeit bleibe ich bei der Aussage: Es ist einer der schönsten Berufe!  


Besonders gefordert als Team sind wir bei kurzfristigen komplexen Eintritten. Da bleibt wenig Zeit für den Aufbau einer Beziehung zum Menschen, den wir betreuen und begleiten, weil erst einmal rasches Handeln erforderlich ist. Auch krankheitsbedingte Absenzen sind für das Tagesteam eine orga­nisatorische Herausforderung.  

In solchen Situationen hilft es am meisten, wenn wir uns im Team aus­tauschen. Ein guter und verlässlicher Teamspirit vermag solche Momente zu entschärfen; mit etwas Humor und dank tollen Arbeitskolleginnen und -kollegen haben wir schon viel Schwieriges gemeistert. Wir können uns immer Hilfe holen, und auch die Rückendeckung seitens der Geschäfts­leitung hilft uns bei der Entscheidungsfindung. Da sind wir noch nie im Stich gelassen worden.

Auch eine gesunde Fehlerkultur im Team scheint mir wichtig, so lassen sich Entscheidungen auch in herausfordernden Situationen besser treffen. Einmal wöchentlich reflektieren wir in einem sogenannten Pflegegespräch, wie wir unterwegs sind. Das hilft, die eigene Einschätzung der Situation mit anderen Meinungen abzugleichen. So können wir unser gemeinsames Pflegeverständnis immer wieder evaluieren und unser Vertrauen ineinander stärken.

Meine persönliche Resilienzstrategie sieht so aus:

Ich werde mir bewusst, dass es eine herausfordernde Situation ist und sie wieder vorbeigehen wird.

Ich benenne die Situation und kommuniziere transparent mit meinen Vorgesetzten.


Ich gebe mein Bestes – nach meinen Möglichkeiten.


Ich schraube meine eigenen Ansprüche herunter.


Nach Feierabend gehe ich spazieren, lüfte den Kopf aus und versuche, mich zu erden.


Viel Kaffee und Psychohygiene mit meinen Arbeitskolleginnen und -kollegen, meinem Freund und/oder meinen Freundinnen.

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