Mit meinem Lastwagen bin ich quer durch Europa bis nach Saudi-Arabien gefahren

Wieso Hansjörg Spörri auf diesen Fahrten auch mal Wache schieben musste und seine längste Fahrt ohne Halt 20 Stunden dauerte – lesen Sie es nach.

Steckbrief

Name: Hansjörg Spörri
Alter: 82 Jahre
Aufgewachsen in: Turbenthal
Beruf: Metzger/Lastwagenchauffeur
Im Alterszentrum Alenia seit: Januar 2017

Was vermissen Sie im Alenia?
Ich vermisse die Möglichkeit, in den «Ausgang» gehen zu können. Ich bin an den Rollstuhl gebunden, und so müssen Ausflüge geplant und organisiert werden. Ich habe mich aber gut eingelebt. Ich hätte es schlechter treffen können und bin ganz zufrieden.

Was würden Sie in Ihrem Leben anders machen, was nie mehr?
Ich bin mit vier Geschwistern in Turbenthal aufgewachsen. Mein Vater war Fabrikarbeiter und meine Mutter Hausfrau. Wir wuchsen wohlbehütet auf und durchlebten eine schöne Kindheit. Nach der Schule fand ich eine Lehrstelle als Metzger in Winterthur. Die Ausbildung gefiel mir, und so nahm ich nach meiner bestandenen Abschlussprüfung eine Anstellung in Genf an. Nebst der Arbeit in der Metzgerei war ich auch als Bote für den Betrieb tätig. Es wäre die Gelegenheit gewesen, Französisch zu lernen. Das gelang mir aber nicht; zu viele meiner Arbeitskollegen kamen wie ich aus der Deutschschweiz. Dafür fand ich Gefallen daran, mit dem Auto unterwegs zu sein. Und so reifte der Gedanke in mir, dass ich mich beruflich verändern und Chauffeur werden könnte.

Ich kehrte nach Bern zurück und absolvierte im Baugeschäft Weiss + Marti meine Ausbildung zum Lastwagenchauffeur. Nun musste ich Erfahrungen im «Laschtwägele » sammeln, und so beschränkten sich meine Touren darauf, verschiedene Baustellen in der Schweiz anzufahren und Bauschutt zu transportieren. Nach ein paar Jahren wechselte ich zur Firma Schlaefli, die internationale Transporte durchführte. Meine Fahrten führten mich ab jetzt quer durch Europa bis nach Saudi-Arabien. Auf diesen Touren durchquerte ich Österreich, Bulgarien, die Türkei, den Iran und den Irak. Einen Monat dauerte die Hin- und Rückfahrt insgesamt. Wenn wir mit unseren Transportern in der Türkei halt machten, mussten wir unsere Lastwagen immer vor organisierten Banden schützen, die nur darauf warteten, Teile unserer Fahrzeuge zu demontieren, um diese dann teuer weiterzuverkaufen. Die Rastplätze der LKW waren den Dieben bekannt. Wir Chauffeure mussten uns zusammentun und zwei Mann als Wachen aufstellen, währenddem sich die anderen Kollegen verpflegten. Einmal fuhr ich 20 Stunden ohne Rast durch, weil ich auf meiner Route keinen anderen Chauffeur getroffen hatte und ein Halt ohne Wache zu gefährlich gewesen wäre.

Unser Chef legte grossen Wert auf die einwandfreie Wartung der Lastwagen, und so blieb ich vor Pannen verschont und erlebte nur einen Unfall. Meine ganze Ladung, 900 Kartons mit Pflanzenspritzmitteln, kam in einer Kurve ins Rutschen und brachte so den Lastwagen zum Umkippen. Das geschah in Bulgarien, und ich hatte Glück im Unglück. Ich wurde nur leicht verletzt, und die Ladung blieb weitestgehend unversehrt. Ein Chauffeurkollege, der eigentlich auf dem Rückweg von Saudi-Arabien war, lud die Kartons wieder auf und brachte diese an ihren Bestimmungsort. Ein anderer Chauffeur nahm mich mit zurück in die Schweiz. Meine Verletzung an der Schulter verheilte, und so konnte ich meine Tätigkeit nach kurzem Unterbruch wieder aufnehmen. Meine Touren führten mich auch in den Norden, nach Belgien und Schweden. Lieber war mir allerdings, wenn es südw.rts ging.

Ich war die meiste Zeit des Jahres unterwegs. Ferien gab es nicht. Zwischen den Fahrten verbrachte ich jeweils ein paar Tage zu Hause; das musste reichen. In den letzten Jahren vor meiner Pensionierung führte ich in der Firma Brechtbühl die Kantine. Die Chauffeure aller vier Schweizer Standorte Bern, Basel, Zürich und Lugano konnten sich so auf ihren Touren bei mir verpflegen. Aus einem Aufenthaltsraum mit Kaffeeautomat entstand eine Kantine, in der ich an manchen Tagen für 25 bis 30 Personen Essen zubereitete.

Was ist Ihre liebste kulturelle Beschäftigung?
Ich höre gerne Musik, am liebsten mag ich volkstümliche Musik, und besuche gerne musikalische Anlässe.

Womit kann man Ihnen Freude bereiten?
Ich freue mich jeden Sonntag über den Besuch meiner Partnerin.

Welche Lebenswünsche sind in Erfüllung gegangen, welche nicht?
Mit dem Lastwagen quer durch Amerika zu fahren, bleibt ein Traum.

Was möchten Sie unbedingt noch erleben?
Ich war 34 Jahre aktives Mitglied im Jodlerklub Lorraine-Breitenrain. Ich schätzte die Zusammenkünfte und geselligen Abende mit meinen Jodlerkollegen. Gerne würde ich noch einmal ein Konzert des Jodlerklubs besuchen.

Monika Di Girolamo

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