Wie die ausgedienten Alenia-Betten in der Ukraine ein zweites Leben erhalten

Alenia-Mitarbeiter Philipp Richter schafft ausgediente Pflegebetten von Gümligen in die Ukraine. Ein persönliches Hilfsprojekt, das grossen Einsatz fordert und gleichzeitig Befriedigung bringt, etwas Sinnvolles geleistet zu haben.

Philipp Richter packt gern selbst an. Der ausgebildete Pflegefachmann suchte seit Ausbruch des Krieges in der Ukraine nach Möglichkeiten, vor Ort sinnvolle Hilfe zu leisten. Durch eine Kollegin erfuhr er vom Verein «Mammutli hilft», der bereits mehrere Fahrten mit Hilfsgütern in das kriegsgeplagte Land durchgeführt hat. Im vergangenen Sommer traf sich Phillipp Richter dann mit Vereinsgründer Dieter Müller, und die beiden tauschten sich aus. Die Synergien waren schnell gefunden: In der Ukraine sind Spital- und Pflegebetten Mangelware, und Philipp Richter wusste, dass im Alenia bald ein Bettenaustausch bevorsteht – das Projekt nahm Fahrt auf.

«Für ein gebrauchtes Pflegebett bezahlt man im Schweizer Secondhandmarkt schnell ein paar Hundert Franken – viel zu viel für ein Hilfsprojekt», erzählt Philipp Richter. «Ich suchte darum das Gespräch mit Alenia-Direktor Peter Bieri, und er war sofort bereit, die auszutauschenden Alenia-Betten für das Projekt gratis zur Verfügung zu stellen. Mehr noch: Er half über die Genossenschaft Dedica, bei der neben dem Alenia rund 20 weitere Pflegeeinrichtungen angeschlossen sind, weiteres Material zu suchen.» So kamen zu den Betten aus dem Alenia weitere Betten, mehrere Rollstühle, eine funktionstüchtige Pflegebadewanne, Verbandsmaterial und – dank der Unterstützung der Apotheke Neuenschwander in Gümligen – auch Medikamente zusammen.

Viel Geduld und ein wachsendes Netzwerk

So hat Philipp Richter in den letzten sieben Monaten zwei Fahrten von Gümligen in die Ukraine organisiert und mitgemacht. «Wir fahren jeweils über München, Wien und Budapest in die Westukraine, hin und zurück sind das 3000 Kilometer. Beim ersten Mal waren es zwei Busse und ein Anhänger, bei der zweiten Fahrt füllten wir sogar einen 28-Tonnen-Lkw», erzählt Richter. Die finanziellen Mittel für die Fahrten generiert die Gruppe über verschiedene Spenden.

Philipp Richter kann selbst nicht Lastwagen fahren, aber inzwischen sei er schon fast ein «professioneller Beifahrer», wie er mit einem Schmunzeln erzählt. Wichtig sind neben vollständigen Fracht- und Zollpapieren auch gute Nerven und eine gute Portion Geduld. «An der Grenze zur Ukraine muss man mit einem Lkw schon mal drei Tage warten. Falls man Hilfsgüter geladen hat, gehts etwas schneller. Aber mit 24 Stunden muss man rechnen.»

Vor Ort in der Ukraine arbeitet Richter von der Stadt Uschgorod aus, der am westlichsten gelegenen Stadt des Landes. «Wir arbeiten mit der Organisation ‹Western Unity› zusammen. Das ist ein Hilfswerk, bei dem ausschliesslich Frauen arbeiten. Wir haben auch dank ihnen gute Kontakte, und das Netzwerk wird immer grösser», erzählt er. «Sie sagen uns, was es braucht und wohin es geliefert werden muss.» In der Ukraine wurde inzwischen eine neue humanitäre Post eingerichtet, die Pakete mit Hilfsgütern innerhalb des Landes kostenlos transportiert.

«In der Westukraine merkt man vordergründig wenig vom Krieg, die Bevölkerung hat sich daran gewöhnt. Bei genauerem Hinsehen merkt man aber, dass vor allem die psychische Belastung hoch ist. Und der Soldatenfriedhof ist auch in Uschgorod voll.»

«An der Grenze zur Ukraine muss man mit einem Lkw schon mal drei Tage warten.»

Philipp Richter

Tiefe Spuren und eine noch grössere Motivation

Philipp Richter hat auch schon den Osten der Ukraine, wo sich der Krieg in seiner ganzen Grausamkeit manifestiert, bereist und sich ein persönliches Bild gemacht. «In Charkiw gibt es grosse Quartiere, die zu 90 Prozent zerbombt sind. Gleichzeitig sind aber auch da die Freundlichkeit und die Gastfreundschaft beeindruckend», erzählt er. «Aber wenn man die Zerstörung mit eigenen Augen sieht, ist es schon noch einmal etwas anderes. Die Bilder lassen mich nie ganz los. Manchmal verliert man in solchen Momenten den Glauben an die Menschheit.» Auf der anderen Seite will Philipp Richter seinen Mut nicht verlieren und macht in seiner Freizeit in der Schweiz Dinge, die ihm Spass machen und guttun. «Ich fahre viel Velo, treibe Sport, gehe in den Ausgang und treffe mich mit Freunden. Mir ist klar geworden, dass ich nur helfen kann, wenn ich selbst positiv bleibe.»

Die Reisen in das Kriegsgebiet der Ukraine hinterlassen beim 36-Jährigen tiefe Spuren. «Wenn man einen DDR-Hintergrund hat wie ich, dann sieht man den Krieg in der Ukraine und das Verhältnis zu Russland vielleicht noch einmal ein bisschen anders», sagt der gebürtige Dresdner. Seit elf Jahren lebt und arbeitet er in der Schweiz, zuerst im Wallis und in Thun. 2017 trat er seine Stelle im Alenia an und wohnt seither in Bern.

Während bei den ersten Fahrten neben Betten und medizinischen Geräten auch andere Hilfsgüter wie Kerzen, Kleider oder Energieriegel transportiert wurden, wollen sich Philipp Richter und das Team von «Mammutli hilft» jetzt auf medizinisches Material spezialisieren. Bereits im Oktober ist die nächste Fahrt in die Ukraine geplant. Bestimmt werden wieder ein paar ausgediente Betten aus dem Alenia dabei sein.

Peter Pflugshaupt

Neue Betten im Alenia

Im Alterszentrum Alenia wurden 110 neue Betten angeschafft. Sibylle Hablützel, Leiterin Facility Services, erklärt im Interview, worauf geachtet wurde.

Im Alenia stand ein grösserer Bettenaustausch an …

Sibylle Hablützel: Ja, 110 neue Betten inklusive «Nachttischli» mit Lampen wurden angeschafft.

Wie oft werden neue Betten gekauft?

Die Lebensdauer von Pflegebetten liegt bei mindestens 15 bis 20 Jahren. Diejenigen, die jetzt ausgetauscht wurden, waren sogar 35-jährig. Sie haben das Ende der Lebensdauer erreicht, und Ersatzteile konnten nicht mehr beschafft werden.

Werden Betten im Normalfall einzeln ersetzt oder alle auf einmal?

Eher alle auf einmal. Da jetzt wieder eine grosse Anschaffung getätigt wurde, ist die Lebensdauer wieder in etwa gleich lang und hat dann wieder eine grössere Anschaffung zur Folge. Ausnahmen sind Anschaffungen von Spezialbetten oder ausserordentlich defekte Betten.

Wie muss man sich so einen Grosseinkauf vorstellen?

 Aufgrund der Beschaffungssumme musste das Alenia die Beschaffung im offenen Verfahren öffentlich ausschreiben. Somit konnte nicht über die Einkaufsgenossenschaft Dedica beschafft werden. Die Zuschlagskriterien waren der Preis, die Erfüllung des Kriterienkatalogs, das Testresultat der Betten, Referenzauskünfte zur Servicequalität und die Reaktionszeit des Servicedienstes. Dazu wurde eine Ersatzteilgarantie von mindestens zehn Jahren verlangt.

Welche Kriterien beinhaltete dieser Katalog?

Es wurde ein Kriterienkatalog erstellt mit folgenden Punkten und detaillierten Anforderungen dazu: Pflegebett, Liegefläche, Seitensicherung, Handschaltgerät, Fahrgestell, Antriebssystem, Optik, Optionen am Bett, Zubehör, Produktegewährleistungsgarantie, Unterhalt und Kosten.

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